Montafon
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Montafon: Was ich in Österreich übers Wandern gelernt habe

Oh mein Gott wir haben uns verlaufen! Im Nebel, mitten auf einem Berg! Mit Aussicht auf Gewitter. Das letzte Wochenende war ein wunderschönes, sehr spektakuläres und leicht lebensgefährliches. Ich war mit meinen Freundinnen aus Heidelberg, unserer ehemaligen Heimat, in den Bergen Österreichs, genauer gesagt im Montafon, unterwegs. Ohne den Basti. Aber vielleicht hätten wir uns auch mit ihm verlaufen 😉 .

Der Plan war eigentlich, Freitag morgens von Heidelberg nach Österreich bis zur Bielerhöhe zu fahren, dort das Auto stehen zu lassen und dann entspannt etwa 2 Stunden lang bis zur 2540 Meter hohen Saarbrücker Hütte zu laufen. Bereits kurz nachdem wir losgewandert sind, war klar, unser Tag wird anders verlaufen. Wir haben gleich zu Beginn den schweren statt den mittelschweren Wanderweg eingeschlagen. So ist das halt, wenn man seine Mädels lange nicht gesehen hat und viel zu bequatschen hat 🙂 .

In Österreich angekommen

Unser Ausgangspunkt: Der Silvretta-Stausee an der Bieler Höhe

Wander-Regel Nr.1

Und da komme ich auch gleich mal zur ersten und wichtigsten Regel, die ich ab sofort immer beim Wandern beachten werde: Achte immer, wirklich immer auf die Zeichen (rote Farbe an großen Steinen) und laufe nicht einfach drauf los!

Wir haben letzteres gemacht und dann mitten auf einem sehr steilen Hang festgestellt, dass dort auf keinen Fall der Weg entlangführen kann. Da war es allerdings schon zu spät und wir mussten wie Bergziegen zum eigentlichen Weg klettern – inklusive Festkrallen an Grasbüscheln bei akuter Absturz-Gefahr! Übrigens haben 2 junge Holländer vor uns (2 Männer) den selben Fehler gemacht.

Regel Nr. 2: Den Wetterbericht beachten

Bei strahlend blauem Himmel und brennender Sonne ging es dann weiter steil bergauf – dem nächsten Unheil entgegen. Die ganze Woche schon hatten wir den Wetterbericht im Auge behalten, der für Freitag Gewitter vorhersagte. Und das schien sich auf der anderen Seite des Berges auch bereits zusammenzubrauen, als wir noch nichtmal in der Nähe der Hütte waren.

Mit leichter Panik liefen wir also ohne Pausen den Berg hoch. Als wir dann endlich oben waren, verkündete ein Schild, dass es noch 50 Minuten bis zur Hütte wären. Den Abstieg mussten wir allerdings im dichten Nebel auf uns nehmen.

“Meine Beine zitterten vor Angst”

Runterwärts warteten viele lose Steine auf uns, die mich arg ins Rutschen brachten. Ich will ehrlich sein: Meine Beine haben vor Angst gezittert und meine Gedanken kreisten unentwegt um einen möglichen Steinschlag und Blitz und Donner. Weit und breit waren übrigens keine Wegweiser in Sicht. Das hätte uns gleich stutzig machen sollen. Der eigentliche Weg war bestimmt weitaus sicherer, als der Geröllpfad, der kein wirklicher Pfad war, den wir heruntergekrabbelt sind. Übrigens: Eine meiner Freundinnen hatte Wanderstöcke dabei und die andere besseres Profil auf ihren Schuhen – beide kamen beim Herunterlaufen viel besser klar als ich.

Nach dem Abstieg kam irgendwann mal wieder ein Zeichen in Sicht – weil der Nebel kurz aufklarte. Und dann waren sie plötzlich weg, die Zeichen. Und wir wussten um 17 Uhr, nach einer sehr schweißtreibenden 5-stündigen Extrem-Wanderung nicht, wohin wir laufen sollten. Das Gewitter und die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit eines Steinschlags im Hinterkopf, rief meine Freundin schließlich beim Hüttenwirt an (gerade in diesem Moment hatten wir Gott sei Dank Empfang). Der Wirt rettete uns indem er nach uns rief und mit seinem Quad auf sich aufmerksam machte. Überglücklich und vom Nebel durchnässt nahmen wir dann auch noch die letzte halbe Stunde Steigung bis zur Saarbrücker Hütte auf uns.

Guatsl am Ende des Tages: Dort angekommen bekamen wir statt des angedachten Schlaflagerplatzes (kostet 18 Euro) ein süßes 3-Bett-Zimmer für 22 Euro pro Person. Uns ging‘s sofort wieder gut 🙂 . Daran konnte auch die eiskalte Dusche (wirklich EISkalt) nichts mehr ändern. Zu Essen gab es in der super schönen und sehr gemütlichen Hütte Käsespätzle und Spaghetti für meine Freundinnen; Erbsensuppe und hausgemachten Apfelstrudel mit Vanillesoße (ein absoluter Traum) für mich 🙂 .

Unser erster Wandertag in Bildern…

Ausblick von der Hütte am Morgen danach

Hier hatten wir uns verlaufen

Berghütten sind toll

Wer noch nie auf so einer Berghütte war: Ich kann es sehr empfehlen. Die Leute dort sind super freundlich und entspannt, es gibt eine große Spiel-Auswahl für die Abendbeschäftigung und man kommt sehr leicht mit netten Leuten ins Gespräch. Wir haben uns zum Beispiel zu einer großen Klettergruppe an den Tisch gesetzt – später stellte sich heraus, dass alle genau wie ich aus Thüringen kommen und in Dresden studiert haben :)) .

Am nächsten Morgen sind wir um 7 Uhr aufgestanden (auf den Hütten muss man meist gegen 8 Uhr das Zimmer verlassen), haben gefrühstückt (man kann wählen zwischen Brot mit Butter und Marmelade oder Müsli) und sind den mittelschweren Weg, den wir eigentlich am Vortag laufen wollten, zurück gelaufen. Gute 2 Stunden hat es gedauert, bis wir wieder an der Bieler Höhe und beim Stausee waren. Dort haben wir uns dann erstmal eine schöne Brotzeit gegönnt, bevor wir den 3-stündigen Weg zur Wiesbadener Hütte auf uns genommen haben, die wir nachmittags bei strahlendem Sonnenschein erreichten.

Diese Hütte bietet sich auch hervorragend als Mittagessen-Ziel für Tagesausflügler von der Bielerhöhe aus an. Das Essen ist nämlich fantastisch und die Portionen sind riesig. Trotzdem habe ich es geschafft, ein Drittel Kaiserschmarrn (wir haben uns eine Portion geteilt), 2 Speckknödel mit viel Sauerkraut und einen hausgemachten Topfenstrudel mit viel (sehr viel) Vanillesoße zu verdrücken 🙂 . So so so lecker!

Wandersocken, Wanderschuhe, Sonnenbrille und Sonnencreme sind unerlässlich bei so einer Wanderung (ich empfehle auch Fußcreme)

Zurück am Stausee

Weg zur Wiesbadener Hütte

Die Wiesbadener Hütte
Speisekarte aus Holz
Kaiserschmarrn 🙂

Schlaflager in der Wiesbadener Hütte

Weil die Wiesbadener Hütte sehr beliebt ist, haben wir dort nur einen Schlaflager-Platz bekommen. Das war aber nicht schlimm, denn wir konnten alle 3 nebeneinander auf einer großen Matratze im unteren Teil eines großen Doppelstock-Bettes schlafen. Und die Männer, mit denen wir uns das Zimmer geteilt haben, waren sehr nett und haben auch nicht die ganze Nacht geschnarcht 😉 . Weil das Zimmer nur 16 Euro pro Person gekostet hat, haben wir uns für 1 Euro pro 1,5 Minuten eine warme Dusche gegönnt 🙂 .

Unser sehr netter Hütten-Kellner hat uns übrigens erklärt, dass die Hütte tatsächlich zum deutschen Wiesbaden gehört und (natürlich) der höchste Punkt von Wiesbaden ist.

Regel Nr. 3: Wanderschuhe

Gelernt habe ich bei diesem Trip auch, dass Wanderschuhe eine sehr sinnvolle Anschaffung sind. Nach der Besteigung des Rinjani auf der indonesischen Insel Lombok war ich ja der Meinung, ich kann alles mit meinen Nike-Turnschuhen erlaufen. Aber wir mussten oft durch Wasser oder Schlamm laufen und in den (geliehenen) Wanderschuhen sind meine Füße die ganze Zeit trocken geblieben.

Gelernt habe ich außerdem, dass die Gipfelbesteigung des Rinjani nicht die anstrengendste und aufregenste Tour meines Lebens war. Der Freitags-Trip – vor allem der Abstieg ohne wirklichen Weg im dichten Nebel – hat meinen Adrenalin-Pegel schon ziemlich hoch getrieben.

Alles in allem bin ich sehr stolz auf mich und meine Mädels. Wir haben das geschafft, was wir uns vorgenommen haben (sogar noch mehr), haben viel gelacht und auch ein bisschen zusammen Panik geschoben, aber hatten vor allem eine unvergessliche Zeit in den wunderschönen Bergen Österreichs. Und obwohl ich sonst gerne mein eigenes Bad habe und kein Schlaflager-Fan bin, war das auf den Hütten überhaupt kein Problem für mich. Im Gegenteil: Ich würde es jeder Zeit wieder machen.

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