Vulkanbesteigung Tag 3: Wir stehen um halb drei Uhr morgens auf! Dieser verdammte Sonnenaufgangs-Hype! Wieso können wir den Gipfel nicht zu einer zivilisierten Zeit besteigen? Als wäre das frühe Aufstehen nicht schon genug, gibt es zum Frühstück für jeden nur drei Kekse! Das richtige Frühstück bekommen wir erst nach der Gipfelbesteigung.
Wir klettern also aus unserem Zelt hinaus in die kalte Nacht. Ich trage ein Top, ein langes Shirt, einen Pulli und mein Halstuch unter meiner Regenjacke. Basti hat ein T-Shirt, darüber ein Langarmshirt und seine Regenjacke an. Als Schal benutzt er seinen Sarong. Beim Laufen wird uns schon warm werden, denke ich mir.
Nach den ersten 5 Minuten hasse ich es schon.
Es geht los und nach den ersten fünf Minuten hasse ich es schon. Der Weg ist die Hölle! Wir laufen auf Vulkanasche, die uns bei jedem Schritt zurückrutschen lässt. Es ist extrem dunkel und wir sehen nur den Schein der Taschenlampe. Es ist unfassbar anstrengend. Das kann man sich nicht vorstellen, wenn man nicht selber dort war. Und der Weg nimmt kein Ende. Anstatt das uns warm wird vom Laufen, erwartet uns mit zunehmender Höhe ein eisig kalter Wind, dem wir ungeschützt entgegen treten müssen.
Der Rinjani ist 3.726 Meter hoch. Es ist der zweithöchste Vulkan Indonesiens. Allein in dieser Nacht machen wir ca. 900 bis 1.000 Höhenmeter (wenn wir Bastis GPS glauben dürfen)! In einem unermüdlichen Tempo! Und die Vulkanasche begleitet uns den ganzen Weg lang.
Mir ist so unendlich kalt.
Als meine Hände halb abgefroren sind, ich schon am ganzen Körper wie Espenlaub zittere und dabei versuche, nicht in den Krater zu fallen (wir laufen nämlich direkt am Kraterrand entlang – völlig entkräftet), frage ich mich, warum wir uns das antun. Für was?
Ich würde am liebsten sofort umdrehen. Mir ist so unendlich kalt. Basti regt sich unterdessen darüber auf, wie bescheuert diese Wir-laufen-mitten-in-der-Nacht-direkt-am-Kraterrand-entlang-Aktion doch ist – und wie gefährlich. Uns reicht es. Also kauern wir uns hinter einen Felsen und versuchen uns so vor dem eisigen Wind zu schützen, der mich kaum noch atmen lässt. Da wirbelt Staub auf. So viel Staub, dass wir nichts mehr sehen und Bastis Sarong über uns hängen, um uns zu schützen. So sitzen wir eine Weile da. Und dann wird es endlich hell. Wir wollen nur noch runter von diesem abscheulichen Berg.
Runter rutschen wir mehr, als wir laufen. Aber das geht besser als gedacht. Nur unsere Schuhe füllen sich jetzt mit Vulkanasche. Beim Runterrutschen sehen wir den Sonnenaufgang. Überraschung: der ist lange nicht so schön, wie der Sonnenuntergang. Die Aussicht ist natürlich toll, aber hat sich diese Nachtaktion dafür gelohnt?
Zurück im Camp sind wir von oben bis unten voll mit Vulkanstaub. Dieser Staub ist überall: in unseren Augen, Ohren, Haaren, auf den Sachen, in den Schuhen und im Gesicht. Den werden wir auch so schnell nicht wieder los. Noch dazu sind unsere Lippen aufgeplatzt und ich merke schon, wie mein Zeh vom Runterlaufen wehtut.
Wir bekommen endlich unser Frühstück (Toast, Pancake und Tee) und können diesen verrückten Morgen verarbeiten. Da kommt eine Neuseeländerin vom Gipfel zurück, strahlt übers ganze Gesicht und sagt doch ernsthaft: „Awesome“.
Wie kann man denn von so einer Höllentour begeistert sein? Ich habe dafür kein Verständnis. „Awesome“ waren der Sternenhimmel und der Sonnenuntergang, die Aussicht auf den Kratersee oder die heißen Quellen. Aber bestimmt nicht diese Gipfelbesteigung mitten in der Nacht.
Ganz ehrlich: Ich sage, es lohnt sich nicht, den Gipfel um drei Uhr morgens zu besteigen. Gelohnt hätte es sich, wenn wir zu einer normalen Zeit aufgestanden wären und den Gipfel dann am Tag erklommen hätten (obwohl auch das die Hölle gewesen wäre). Und nicht bei Nacht, wo wir nichts sehen konnten und dieser eisige Wind uns fest im Griff hatte.
Mit diesen Gedanken bestreiten wir den Rückweg. Es geht den ganzen Tag auf staubigen Wegen bergab. Schön läuft sich das nicht (wir rutschen oft aus und fallen hin), vor allem da unsere Gruppe mal wieder am Rennen ist (warum nur??). Wir machen noch einen Mittagsstop, bevor wir das letzte Stück zu Fuß zurücklegen.
Und dann sind wir endlich unten, werden auf der Ladefläche eines Pickups wieder nach Senaru gefahren, wo wir unsere großen Rucksäcke abholen und endlich mal unser Gesicht und unsere Hände mit Seife unter einem Wasserhahn waschen.
Next stop: Gili Meno
In unseren verdreckten Klamotten geht es dann auch gleich weiter: nach Gili Meno. Um 17 Uhr stehen wir völlig fertig am Hafen und ein Mann will uns weismachen, das wir heute nicht mehr nach Gili Meno kommen. Wir sollen nach Gili Air oder Trawangan (beides eher Partyinseln, wir wollten unsere Ruhe). Letztlich schaffen wir es doch noch, ein Boot nach Meno zu bekommen (man muss in Indonesien hartnäckig bleiben). Über unseren entspannten Insel-Tage berichte ich das nächste Mal.
Was wir bei der Besteigung des Rinjani gelernt haben
Was haben wir also gelernt: Gehe nicht ohne Handschuhe auf den Rinjani. Eine Augenschutzbrille und ein Mundschutz wären auch angebracht. Wanderschuhe wahrscheinlich auch. Eine Mütze hätte sich auch gut gemacht. Ach und kann bitte jemand eine Tour organisieren, bei der man den Gipfel nicht bei Nacht besteigen muss? Ich hätte sie gebucht!
Unsere Rinjani-“Verletzungen”: aufgeplatzte und spröde Lippen, die wir mit Bepanthen wieder weich bekommen haben, blaue Flecke am Bein ( vom ausrutschen, hinfallen und am Baumstumpf hängenbeliebn), einen Bluterguss im großen Zeh und ein aufgeriebener Knöchel.
Zum Schluss noch etwas zum Preis: Wir haben 1.750.000 Rupiah (ca. 116 Euro) pro Person für die drei Tage inklusive dem Transport nach Gili Meno gezahlt. Wir wussten zwar, dass es auch Touren für 1,4 Mio Rp gibt, wollten aber lieber mehr Geld für eine seriöse Tour ausgeben, bei der der Guide Erfahrung hat und die Porter gut bezahlt werden. Pustekuchen! Der Österreicher in unserer Gruppe hat nur 1,2 Mio Rp gezahlt und sogar noch eine bessere Isomatte bekommen. Der Preis sagt also nicht wirklich etwas aus.